Entdecker (Leseprobe)
Auszug aus der Bild-Text-Expedition über Wirrnisse der Erdgeschichte, eingefangen mit poetischer Logik und inspirirenden Illustrationen. Entdecker (Hg.) Raphaela Edelbauer. Zeichnungen Simon Goritschnig.
ENTDECKER (Leseprobe), Kapitel 6 (Seite 158)
“Immer öfter geht es dir immer schlechter. Du solltest eigentlich Chemiker sein und starrst, wie wahnsinnig geworden, den ganzen Tag auf die Form, wie du deine Beobachtungen aufgezeichnet hast. Du solltest Inhalte produzieren und spinnst an der Methode.
Oft entsetzt du dich über die unbeweglichen Aufzeichnungen, die sich vor deinen Augen zu einem Becken unabschätzbarer Tiefe ausdehnen. Während du an den knapp fünfzig Seiten sitzt, die du durch müh- samste Feldforschung zusammengetragen hast, siehst du auf einmal, wie du in die Seiten blickst – dich selbst!
Aber nicht wie in einem Spiegel: Vielmehr bemerkst du, wie du in vielfachen Variationen deine eigenen Sinne verzeichnet hast, die dir optisch als deine eigene Netzhaut (samt blindem Fleck) – akustisch als Hammer, Amboss, Steigbügel – sensorisch als deine Haut ächen wie eine Holographie aus Textkörpern entgegenleuchten.
Du hast nichts nachgebaut als deine eigene Anatomie; was für ein schlechter Wissenschaftler du bist!
In der darauf folgenden Nacht plagen dich seltsame körperliche Gebrechen. Seit Wochen spürst du ein Spannen im Mund, ganz so, als hätte sich ein Spreizholz zwischen deinen Molaren verkeilt, aber dann wird es wieder amorph und emulsionsartig. “
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