Content? Content!
Content? Content!
Schnell muss es gehen, immer schneller. Zeit zum Lesen? Wir? Nein das geht gar nicht. Die innere Uhr, sie tickt nervös. Länger als ein paar Minuten, mehr darf es aber nicht sein. Aufbereitet und zugänglich. Möglichst übersichtliche und kompakte Informationen. Internetkonform, zielgruppenorientiert, aber auch mundgerecht serviert soll es sein. Als Hauptgang, versteht sich. Mit einer feinfühligen Garnitur aus Hashtags, Pins und Statusmeldungen. Wie ein Salat in der warmen Jahreszeit. Kunterbunt, knackig, mit etwas Würze abgeschmeckt. Mitten am Tisch, jeder soll es sehen. Moment, ich muss meine Kamera holen, so schön ist das Bild. Teilen? Aber bitte doch. Die soziale Teilhabe stolziert im Erscheinungsbild der Reinkultur. Kein Gedanke ist größer im digitalen Verbleib. Gehegt und gepflegt. Ungezügelt, hemmungslos, so scheint es. Exzessiv in mancherlei Dingen. Die Messlatte als globaler Player. Zumindest was das große, weite Netz und seinen Schatten betrifft. Ich verliere beim Schreiben den Faden. Absichtlich? Mag sein.
Das eigentliche Thema? Nun ja, hat doch auch irgendwie latent mit dem Gefühl zu tun, weder besser, noch raffinierter, noch einzigartiger sein zu müssen. Gesellschaftlicher Mumpitz, habe ich mir sagen lassen. Der eine oder andere mag sich jetzt denken: Kann er nicht endlich auf den Punkt kommen? Zufällig auf diesen Blog gestrandet, falsch abgebogen oder doch etwa empfohlen und dieser Beitrag lässt keinen Mehrwert erkennen. Sicher?
Bedürfnis nach Verwertbarkeit
Dieses Bedürfnis nach mehr Verwertbarkeit. Ständig, vorgefertigt, selten abwesend. Mehr muss es sein, immer mehr Wert, selbstverständlich in fein dosierten Posen. Der Aufmerksamkeit zuliebe. Also wie jetzt? Ein leichtes Zweifeln macht sich breit. Bedrohlich pendelt er, der Finger. Die Computermaus wird umspielt. Das kleine „x“, so attraktiv und nah. Ein Klick, nur ein Klick und weg ist er, dieser Beitrag. Zugegeben, genervt hat er schon in den ersten Zeilen. Doch vielleicht kommt er noch, der Content. Content, guter Content! Erst mit gutem Content sticht man aus der Menge. Einer Menge, die in ihrer schieren digitalen Beschaffenheit die Grenzen des Erfassens sprengt.
Trotzdem und gerade deswegen …
mit einem kleinen Vielleicht um den Hals. Die Ersatzbank als Freund und Helfer. Das digitale Spiel im Augenwinkel. Eine Wechselsymptomatik, die in ihren Umrissen nicht nur, aber doch auch einen gewissen Schmerz bereitet. Stress, Schaudern, Zustände des Unwohlseins. Eingebrannt, so irgendwie. Omnipräsent? Gut möglich. Blinkende Pop-ups, Anleitungen en masse, sogar in Printform gibt es ihn, den zeitgerechten Weg zum feingeschliffenen „Gefällt mir“. Ein Halleluja an den Wortschatz des WWW. Ein gewagter Balanceakt zwischen Bullshit und sinnvoller Handhabe. Manchmal aber die helfende Hand, nach der wir uns sehnen. Eine Beziehung möchte ich mit solchen Zeilen. Mich identifizieren, Buchstaben und Bedeutung verinnerlichen. Ein Sommelier sein, Kenner einer guten Auslegung. Die Zeit ist mein. Doch, was ist mit schlichter Langeweile? Bitte nicht. Ich weiß nicht, wie das geht.
Unterhaltung als Anker
Wir gieren nach der Unterhaltung als Anker. Umgarnen und bezirzen sie, heben sie empor. Sie beginnt, sich Richtung Zenit zu quälen, auf die Dauer selbst zu überholen. All die Farben, so vieles ist möglich, aber immer mehr vom Gleichen, mitten im Kreis des Ladebalkens. Ablaufdatum per Etikette, mit einem gut versteckten „mindestens haltbar bis“. Zurechtgeschnitzt. Eine kleine, fein winkende Schatulle voller „muss ich mir merken“ Späne. Erinnerung, Kollision, Wirkung. Schnell zumachen, bevor sie vorbei ist, diese Kirmes für den Kopf. Gespeichert auf Abruf, glauben wir zumindest. Sekunden, Minuten, ungebremst. Gigantisch mutet er an, der Wendekreis der Eingabe. Irgendwie zu groß für uns, um ehrlich zu sein. Es ist ein Content im Schatten der Sinnhaftigkeit. Clean Content, so sauber und fein.
W.H.
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